Gemeinsame Erklärung der Bewegungen arbeitender Kinder und Jugendlicher Afrikas, Asiens und Lateinamerikas zur 5. ILO-Weltkonferenz über Kinderarbeit (Durban, Südafrika, 16.-20.5.2022)

Zur 5. Global Child Labour Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), die vom 16.-20. Mai in Durban (Südafrika) stattfindet, haben die Bewegungen der arbeitenden Kinder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht. Darin kritisieren sie, erneut nicht eingeladen worden zu sein, und fordern, bei allen Maßnahmen, die sie betreffen, endlich konsultiert zu werden. Die Zusammenarbeit der Bewegungen hat über die Kontinente hinweg wieder Fahrt aufgenommen. Wir erinnern mit den Fotos an die drei Welttreffen der Bewegungen, die 1996, 2004 und 2006 stattfanden.

16. Mai 2022

Wir, die arbeitenden Kinder und Jugendlichen Lateinamerikas, Afrikas und Asiens, haben uns zusammengeschlossen, um unsere Rechte geltend zu machen, unsere Forderungen zu formulieren und uns für unsere Ziele einzusetzen.

Als Vertreter*innen unserer Bewegungen (MOLACNATS – Lateinamerika, AMWCY/MAEJT – Afrika, COAC – Children: Ambassadors of Change – Asien) haben wir unsere Probleme eingehend erörtert und gemeinsam eine Erklärung ausgearbeitet, die die Rechte der arbeitenden Kinder und Jugendlichen aus aller Welt hervorheben soll. Wir veröffentlichten sie auf internationaler Ebene anlässlich der 5. Globalen Konferenz der ILO über Kinderarbeit. Unsere Erklärung richtet sich an die internationalen Organisationen, die die Politik beeinflussen, gestalten und durchsetzen, an die nationalen Regierungen unserer Länder und an alle Behörden und Verantwortungsträger, die für die Umsetzung unserer Rechte mitverantwortlich sind.

Unser Aufruf

Wir, die internationalen Bewegungen arbeitender Kinder, fordern, dass alle Konventionen, Gesetze, Politiken, Richtlinien und Programme, die darauf abzielen, die Rechte arbeitender Kinder und Jugendlicher weltweit und in unseren Ländern zu garantieren, einfühlsam und sensibel für unsere verschiedenen Realitäten sind. Wir haben das Recht, in allen Angelegenheiten, die unser Leben betreffen, angehört und beachtet zu werden. Wie alle Kinder und Jugendlichen sind wir heute Bürger*innen.

Zu den Mitgliedern unserer Bewegung gehören Kinder und Jugendliche (bis 18 Jahre), die in ländlichen und städtischen Gebieten leben. Wir üben Arbeiten aus oder hoffen, sichere und ungefährliche Arbeiten in der ganzen Welt ausüben zu können. Wo staatliche Systeme und Prozesse versagt haben, haben wir durch unsere Arbeit die Möglichkeit, ein Leben in Würde zu führen, unsere Familien zu unterstützen und für viele von uns persönliche Ziele wie Bildung usw. zu verfolgen. Wir wenden uns gegen die blinden Haltungen, die allzu oft von Regierungen, politischen Entscheidungsträgern und Vollzugsbehörden eingenommen werden, die sich einseitig gegen die Arbeit von Kindern und Jugendlichen wenden, ohne sich mit uns auseinanderzusetzen und ohne unsere Realitäten, Situationen, Bedürfnisse und Wünsche zu verstehen oder darauf einzugehen.

Wir sind zwar gegen alle Formen der Ausbeutung, einschließlich unsicherer und gefährlicher Arbeit, Menschenhandel, Schuldknechtschaft usw., aber wir legen auch Wert auf sichere und nicht gefährliche Arbeit. Daher fordern wir, dass sichere Arbeitsmöglichkeiten, Bildungsangebote zum Lernen und Verdienen, berufliche Ausbildungen und andere Gelegenheiten, die dies ermöglichen, Teil der globalen politischen Forderungen sein sollten, die die Maßnahmen der nationalen Regierungen beeinflussen. Darüber hinaus bekräftigen wir, dass Kinder in allen Situationen dabei unterstützt werden müssen, informierte Entscheidungen zu treffen, die ihr Wohlergehen bestimmen, einschließlich der Entscheidung, ob sie eine sichere Arbeit ausüben wollen oder nicht.

Wir verurteilen alle Kriege und Aggressionen in der Welt, da sie weiterhin Kinder und Jugendliche zum Opfer machen. Die COVID-19 Pandemie hat viele von uns in neue Schwierigkeiten gestürzt. In diesen Situationen haben Regierungen und internationale Organisationen, die unsere Realitäten und Bedürfnisse nicht anerkennen, arbeitende Kinder und Jugendliche in noch größere Ausbeutung und aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit gedrängt.

Wir wenden uns gegen die zunehmenden kapitalistischen Maßnahmen von Regierungen in aller Welt, die Menschen in ihren Ländern in noch größere Armut stürzen, indem sie die Ausgaben für grundlegende Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung, Bildung, Kinder- und Jugendförderung usw. privatisieren bzw. kürzen. Diese Politiken, Maßnahmen und Entscheidungen bringen Kinder und ihre Gemeinschaften an den Rand des Abgrunds und halten die ausbeuterische Kinderarbeit aufrecht.

Wir bestehen deshalb darauf, bei der Formulierung politischer Maßnahmen und Entscheidungen, die zur Linderung von Schmerz und Leid von Kindern, einschließlich arbeitender Kinder und Jugendlicher, beitragen sollen, konsultiert zu werden. Wir wollen, dass die Erwachsenen uns als nationale und globale Bürger*innen und als wichtige soziale Akteur*innen für den Erhalt unseres Planeten und seiner Bewohner*innen sehen. Wir prangern die Politik der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und anderer internationaler Organisationen an, die sich auf pauschale Verbote von Kinderarbeit konzentrieren. Sie haben es versäumt, die Realität arbeitender Kinder und die realisierbaren Alternativen zu ausbeuterischer Arbeit zu verstehen. Wir wollen mit internationalen Kinder- und Arbeitsrechtsorganisationen diskutieren, damit sie erkennen, dass wir Akteur*innen des Wandels mit Ideen und sogar Lösungen für unsere Probleme sind. Wir bedauern, dass die ILO die organisierten arbeitenden Kinder bei der Ausarbeitung und Umsetzung der Agenda der „5. Weltkonferenz über Kinderarbeit“ in Südafrika weder eingeladen noch konsultiert hat, mit Ausnahme einiger weniger ausgewählter Kinder und Jugendlicher und erwachsener Organisationen der Zivilgesellschaft, die Kinder unterstützen. Wir schließen uns dem von den Organisationen der Zivilgesellschaft vorgeschlagenen Forum an.

Wir sind bestrebt, die Internationale Bewegung arbeitender Kinder und Jugendlicher weiter aufzubauen und zu stärken, damit sie zu einer Plattform für Advocacy und Aktion wird.

Wir setzen uns für einen offenen und partizipativen Dialog ein, um Themen zu behandeln, die für alle Kinder von Interesse sind, nicht nur für diejenigen von uns, die eine Arbeit fordern, die sicher, menschenwürdig und altersgerecht ist, sondern für alle Kinder und Jugendlichen auf der ganzen Welt.

„Wir arbeitende Kinder und Jugendliche fordern, dass die Behörden Mitgefühl und Verständnis dafür aufbringen, dass wir arbeiten, um die Schulkosten, das Essen und die Kleidung zu bezahlen; dass in der Schule Verständnis herrscht, weil es für uns in der Pandemie schwierig war, zügig zu lernen, weil wir kein richtiges Internet haben, und das macht es uns schwer, unsere Hausaufgaben abzugeben, unsere Gebühren zu bezahlen und nicht gezwungen zu sein, die Schule zu verlassen, um unsere Familien zu unterstützen. Wir fordern, dass die Regierung bessere Bedingungen schafft, damit wir mit Stipendien und Patenschaften, Uniformen und anderer logistischer Unterstützung weiter lernen können, dass die Lehrer*innen geschult werden und sich dafür interessieren, was mit uns geschieht, dass unsere Familien gleiche Chancen auf Zugang zu Arbeit und anderen Hilfsmaßnahmen erhalten.“  MOLACNATS

„Wir wollen, dass unsere Familien, Gemeinschaften, Behörden und Regierungen erkennen, dass wir heute Bürger*innen sind, dass wir das Recht haben, uns zu beteiligen und informierte Entscheidungen über unser eigenes Leben zu treffen.“ CAOC

„Sichere, würdige, altersgerechte Arbeitsbedingungen, die das Kind/den Jugendlichen motivieren und ihm/ihr Stolz auf seine/ihre Arbeit vermitteln. Ein Kind unter schlechten Bedingungen arbeiten zu lassen, die die oben genannten Punkte nicht berücksichtigen, stellt Ausbeutung dar.“ MAEJT/AMWCY

MOLACNATS – Lateinamerika, MAEJT/AMWCY – Afrika, Children: Ambassadors of Change (CAOC) – Asien.
#Wir sind nicht das Problem, sondern Teil der Lösung

Links

Zu der Erklärung auf Englisch, Spanisch und Französisch

Aktualisiert: 17.05.2022