Asunción 2015

Abschlusserklärung des IX. Treffens der arbeitenden Kinder und Jugendlichen Lateinamerikas und der Karibik (MOLACNATs), Asunción, Paraguay, 01. bis 07. März 2015

„Wir, die arbeitenden Kinder und Jugendlichen Lateinamerikas und der Karibik, grüßen mit Freude und Brüderlichkeit anlässlich des IX. lateinamerikanischen Treffens in Asunción-Paraguay alle Völker dieser Welt, besonders alle arbeitenden Kinder und Jugendlichen. Die Bewegung MOLACNATS (Movimiento Latinoamercano y del Caribe de Niños y Niñas y Adolescentes Trabajadores) zählt mittlerweile mehr als 35 Jahre und umfasst gegenwärtig die Bewegungen aus neun Ländern. Wir haben in dieser Zeit um unsere Rechte gekämpft und durch die Weitergabe der Erfahrungen zwischen Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern sowie von Generation zu Generation unsere Kontinuität gewahrt.

Im Rahmen unseres Treffens hat am 2. und 3. März in der Iberoamerikanischen Universität ein Internationales Forum zum Thema „Kindheit und Arbeit, zwei Knotenpunkte im tiefen Wandel“ stattgefunden. Hier hatten wir die Möglichkeit, zu debattieren, Lebenserfahrungen auszutauschen und Zeit für eine kritische Einschätzung unserer Arbeit zu finden.

Wir schätzen den Kampf unserer Compañeras und Compañeros in den bolivianischen Bewegungen für ein neues Kinder- und Jugendgesetz, das uns als Arbeiter anerkennt und uns mehr Sicherheit gegen die Ausbeutung gibt. Allerdings haben wir in unserer kritischen Auswertung auch bedeutende Lücken im Gesetz gefunden. Wir hoffen, dass diese unter Beteiligung der arbeitenden Kinder und Jugendlichen in den Ausführungsbestimmungen beseitigt werden.

Am internationalen Forum nahm auf unsere Einladung zum respektvollen Austausch ein Vertreter der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) per Videoschaltung teil. Da er keine Antworten auf unsere Fragen und Vorschläge gab, sehen wir keinen Fortschritt in dem von uns erwarteten Dialog, streben diesen aber weiterhin an. Wir lehnen das ILO-Konzept von „Kinderarbeit“ ab, weil es sich ausschließlich auf die Ausbeutung konzentriert und damit Verwirrung stiftet. Wir fordern, dass unser Recht, unter würdigen Bedingungen zu arbeiten, anerkannt wird.

Wir begrüßen auch die Teilnahme der Berichterstatterin für die Kinder- und Jugendrechte in der Iberoamerikanischen Menschenrechtskommission. Insbesondere freuen wir uns, dass sie die Arbeit der Kinder nicht mit Ausbeutung gleichgesetzt und eine differenzierte Betrachtung angemahnt hat. 

Wir freuen uns auch über die Teilnahme sozialer Organisationen, öffentlicher und privater Institutionen, sowie Studierender und Mitarbeiter*innen aus verschiedenen Ländern, die sich dem Kampf um die Rechte arbeitender Kinder und Jugendlichen (NATs) in Lateinamerika angeschlossen haben.

Während des Treffens haben wir analysiert, debattiert und schließlich CONNATS in Paraguay als neues Sekretariat von MOLACNATS für die nächsten drei Jahre (2015-2018) bestimmt. Ihm gehören vier arbeitender Kinder und Jugendliche, ein Exklusivsekretär und ein erwachsener Mitarbeiter an. CONNATS ist eine Basisbewegung arbeitender Kinder und Jugendlicher, die sich konstant am politischen Prozess in Paraguay beteiligt, indem sie an gemeinsamen Aktionen aller Bewegungen der volksnahen Sektoren mitwirkt.

Gemäß unserer strategischen Planung haben wir einen Aktionsplan für die folgenden drei Jahre (2015-2018) erstellt. Er umfasst spezifische Aufgaben, die wir in dieser Zeit realisieren werden. Demnach werden wir weiterhin für eine Förderung und Verteidigung der Rechte arbeitender Kinder und Jugendlicher kämpfen und uns für eine Gesellschaft einsetzen, die sich durch Gleichheit und die Achtung der Menschenrechte auszeichnet und nach den Prinzipien des „buen vivir“ (Gutes Leben) gestaltet wird.

Wir gratulieren den Compañeras und Compañeros aus Ecuador, dass ihre Organisation Ecuavyfnats (Organisation Ecuadors, die für die Stärke und Tugenden arbeitender Kinder und Jugendlicher steht), nun festes Mitglied von MOLACNATs ist. Wir betonen dabei, dass sich die Ecuavyfnats bereits seit dem Jahr 2008 als soziale Bewegung gegen Programme zur „vollständigen Beseitigung der Kinderarbeit“ engagiert und die Rechte der arbeitenden Kinder unterstützt und verteidigt haben.

Wir fragen mit Nachdruck, warum die Kriminalisierung der Jugend, der Armut und der sozialen Bewegungen insbesondere der Landarbeiter*innen nicht aufhört.
Im Falle Paraguays fordern wir, die Enteignung und Vertreibung der Landarbeiter*innen zu beenden, und schließen uns ihrer Forderung „Ohne Land keine Arbeit, kein Leben“ an.

Wir klagen an, dass in Argentinien, ebenso wie in andern Nachbarländern, weiterhin Kinder und Jugendliche aus armen Gebieten durch die Polizei stigmatisiert und umgebracht werden. Namentlich betonen wir unsere Solidarität mit den Schülerinnen und Lehrerinnen in ihrem Kampf um Gerechtigkeit für Johana Chacón, 15 Jahre, die im Jahr 2012 verschleppt und zum „Verschwinden“ gebracht wurde. Wir hoffen mit ihnen, sie lebend wiederzufinden.

Im Falle Mexikos schließen wir uns den Protesten gegen die Ermordung unseres dreizehnjährigen Bruders José Luis Tlehuatle Tamayo durch die Staatspolizei von Puebla an, die bis heute straffrei geblieben ist. Die Regierung weigert sich, den Empfehlungen der Nationalen Menschenrechtskommission von Mexiko nachzukommen und ein effektives Gerichtverfahren einzuleiten. Gemäß einem Vorschlag auf der Solidaritätsveranstaltung im „Museum der Erinnerungen“, beteiligen wir uns an der Kampagne, mithilfe von Briefen an die mexikanischen Botschaften in der ganzen Welt den Fall zu unterstützen. Wir wiederholen unsere Wünsche und unser Engagement für Frau Elia Tamayo, die Mutter von José Luis, die an unserem Treffen teilgenommen hat, für ihre Familie und die Compañeros, die in Mexiko den Fall begleiten.

“¡Los NATS lo dicen y tienen la razón, SÌ al trabajo DIGNO y no a la explotación!”
„Die NATS sagen es und haben damit Recht, Ja zur Arbeit in Würde und nein zur Ausbeutung!“

“¡Alerta, alerta, alerta que camina, los NATS organizados por América latina!”
Passt auf, Leute – es wird weitergehen, die organisierten NATS für Lateinamerika!

Aktualisiert: 14.12.2020